Hörst du auf zu Bluten - Wat, wer bist du denn?

Hörst du auf zu Bluten – Wat, wer bist du denn?

Noch relativ früh am Morgen piepsten und vibrierten unsere Melder, aber es erklang danach nicht die sanftmütige Stimme eines Leitstellendisponenten, sondern noch weitere Alarmierungen für andere Fahrzeuge. Wenn das passiert, ist man meistens mit der Feuerwehr unterwegs und fährt zu Unfällen, Bränden und anderen, etwas spannenderen Dingen. Heute war es eine Türöffnung.
Eine Frau hatte sich bei ihren Nachbarn auffällig verhalten, da sie nicht wie gewohnt die Rollos hoch gemacht hatte. Als die Nachbarn mit Müh und Not die Rollos ein bisschen angehoben hatten und nach der Frau gerufen haben, kam wohl nur ein Stöhnen und so wurden wir und ein Feuerwehrzug zur Türöffnung gerufen.

Wir kamen vor der Freiwilligen Feuerwehr aus dem Ort an, konnten aber auch nur durch die Fenster schauen, bzw. man musste das Rollo von Außen hochdrücken. Wir sahen nichts, außer einem laufenden Fernseher, sonst war alles stockdunkel und nach permanentem Rufen, kam kein einziger Laut von Innen. In diesem Moment sind bei mir die wildesten Gedanken durch den Kopf geflogen.
Vielleicht hat die gute Dame einfach keine Lust mehr zu leben, ich meine bei dem Wetter, das hier seit Woche herrschte, wunderte mich das nicht, die Wolken da oben meinten es wohl ein bisschen zu gut mit uns. Sie könnte in der Badewanne liegen mit Blut überall, oder an irgendeinem Strick hängen. Wer weiß, wer weiß, auf jeden Fall war die Feuerwehr dann auch bald da.

Sie wollten zuerst die Wohnungstür öffnen, aber das Schloss war alles andere als einfach zu knacken, da ich vorher um das Haus gelaufen war, wusste ich das dahinter eine spärliche Holztür, mit einem einfachen Schloss war. Mein Vorschlag wurde sofort angenommen und ein kräftiger Feuerwehrmann ging hinter das Haus. Er war weg und man hört kurze Zeit später nur wie Glas zersprang, er hatte wohl ein Fenster eingeschlagen, naja geht ja auch.
Die Anspannung wurde immer größer und meine Gedanken waren für kurze Zeit wieder da, alle unseren nötigen Utensilien hatten wir schon griffbereit vor die Tür gestellt, um schnellstmöglich da zu sein. Der Feuerwehrmann, der hinten in das Haus eigestiegen war, machte die Vordertür auf, doch schon standen wir vor der nächsten Tür, der eigentlichen Wohnungstür, eine Holztür mit einfachem Schloss. Der Feuerwehrmann überlegte nicht lange und nahm 3 Schritte Anlauf, dann war die Tür offen.

Das Erste was wir hörten, war eine ältere Stimme, die uns anschrie und rief: „ihr habt doch nicht mehr alle Tassen im Schrank“. Ja, der Dame ging es wohl gut, sie lag auf dem Boden im Flur und konnte nicht mehr aufstehen. Sie war verwirrt und meinte es sei noch Nacht und dass sie ja gerade erst auf Klo gehen wollte. Die Betonung liegt auf wollte, denn sie lag komplett in ihrem eigenen Urin. Die Bettwäsche, die quer im Flur verteilt lag, hatte auch etwas abbekommen. Sie lag wohl schon etwas länger hier. In immer noch total verwirrtem Zustand halfen wir der Dame auf und untersuchten sie. Denn Niemand liegt einfach im Flur und denkt, dass es noch mitten in der Nacht ist. Natürlich konnte man diese Annahme haben, denn in der Wohnung war es schließlich „Nacht“, dank all der geschlossenen Rollos. Medizinisch gesehen wollten wir sie wegen ihres viel zu hohem Blutdruck mitnehmen. Wir versuchten es ihr deutlich zu machen, aber sie war weiterhin damit beschäftigt an uns herum zu meckern und zu Schimpfen, dass wir mitten in der Nacht einfach in ihr Haus eindrangen und plötzlich an die 10 Menschen in der Wohnung stünden. Nach gefühlten Stunden der Diskussion, konnte ich sie überreden mit uns zu kommen, aber sie war immer noch der Meinung, dass sie sich nur kurz auf dem Boden ausruhen wollte, nur ganz kurz!